Erschienen am 29. September 2023 in Frankfurter Allgemeine Zeitung und online
Von Maximilian Sachse, Lahr/Schwarzwald
Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Zukunft des Warenlagers“
Vier iw.hubs, bei Zalando u.a. „Bart“ genannt, fahren seit drei Monaten durch das Zalando-Lager in Lahr/Schwarzwald. Gerade denkt der Dax-Konzern über weitere Nutzungsszenarien nach. FAZ hat Zalando vor Ort besucht.
Die Zukunft des Warenlagers
In der Logistik fehlt es vielerorts an Personal, die Kosten steigen. Sind Roboter die Lösung?
Die Zukunft der Logistik des Onlinemodehändlers Zalando ist klein, gelb und nach der Fernsehserie „The Simpsons“ benannt. Eher gemächlich biegt „Bart“ um die Ecke und fährt in einen Gang des Zalando-Logistikzentrums in Lahr im Schwarzwald. Am Boden noch etwas provisorisch befestigt liegt ein einlaminiertes Schild mit einem Bild von Bart und der Aufschrift: „Achtung Roboter!“. „Bart“ fährt einfach darüber, die Beschilderung ist ohnehin für seine menschlichen Kollegen gedacht. Das Gefährt sieht aus wie ein etwas zu groß geratener Rasenmähroboter und funktioniert wie eine Art autonomer Hubwagen. Der Roboter fährt jetzt auf ein silbernes Gittergestell zu, in dem einige Kartons liegen – sogenannte Klärfälle. „Alle Pakete mit Unregelmäßigkeiten werden ausgemustert“, erklärt Standortleiter Dirk Rautenberg – etwa, wenn ein Barcode nicht lesbar ist.
Früher mussten Mitarbeiter die fehlerhaften Pakete zur Seite stellen und händisch einsammeln. Heute werden sie auf das Förderband gelegt und an einem zentralen Punkt automatisch ausgeschleust. Den Rest übernimmt Bart. Auf 130.000 Quadratmetern fertigt Zalando hier in Lahr jeden Tag tausende Pakete ab. „Eigentlich machen wir hier keine Logistik – wir produzieren Pakete“, sagt Rautenberg mit Blick auf die unterschiedlichen ineinander greifenden Maschinen, Förderbänder und Prozesse. Der Roboter gleitet jetzt unter das Gittergestell. Eine Hebebühne fährt einige Zentimeter hoch, sodass die Räder des Gestells den Boden nicht mehr berühren. Dann piepst der Roboter einmal laut und begibt sich auf den Weg zur Klärstelle, wo die ausgemusterten Pakete überprüft werden.
Vier solcher Transportroboter fahren seit drei Monaten durch das Zalando-Lager in Lahr. Gerade denkt der Dax-Konzern über weitere Nutzungsszenarien nach. Damit ist der Onlinehändler nicht allein. Angesichts steigender Löhne und des immer stärkeren Arbeitskräftemangels in der Branche ist die Automatisierung aktuell das drängendste Thema für die personalintensive Logistik. Zumal die Anforderungen der Kunden gestiegen sind: Am liebsten soll die Bestellung am nächsten Tag ankommen und zwar gebündelt und nicht in vier verschiedenen Paketen. Die Unternehmensberatung McKinsey geht davon aus, dass der Markt für die Lagerautomatisierung, angetrieben durch Investitionen von Händlern, bis 2030 auf 51 Milliarden Dollar wächst. Das entspräche einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 23 Prozent. Die Logistik ist der wichtigste Abnehmer für sogenannte Serviceroboter. 2022 verkauften Hersteller laut neuen Zahlen des Internationalen Roboterverbandes insgesamt 86.000 autonome mobile Roboter in die Logistik – ein Plus von 44 Prozent verglichen mit dem Vorjahr.
Der weltgrößte Onlinehändler Amazon entwickelt seine Roboter gleich selbst. Im vergangenen Jahr stellte der Konzern den autonomen Roboter „Proteus“ vor, der ähnlich wie Zalandos Bart funktioniert – nur einer von verschiedenen selbstentwickelten Robotern aus dem Hause Amazon. Der Konzern hat zudem einen eine Milliarde Dollar schweren Fonds aufgelegt, um sich an vielversprechenden Start-ups aus dem Bereich zu beteiligen. Allgemein ist die Automatisierung der Logistikbranche – gerade in Kombination mit Künstlicher Intelligenz – unter Investoren gerade eines der heißesten Themen.
Roboterhunde für Otto
Auch der deutsche Versandhandelsriese Otto Group investiert im großen Stil in Roboter für seine Lager. Anfang September gaben die Hamburger eine strategische Partnerschaft mit dem bekannten Robotikspezialisten Boston Dynamics bekannt. In mehr als 10 Logistikzentren patrouillieren künftig die Roboterhunde des US-Unternehmens. Sie sammeln etwa Daten für präventive Wartungen oder erkennen Luft- oder Gaslecks. Darüber hinaus kommt künftig der Transportroboter „Stretch“ in mehr als 20 Logistikzentren zum Einsatz. Er ist spezialisiert auf das Entladen von schweren Paketen im Containersektor und soll so Mitarbeiter von körperlich anstrengenden Aufgaben entlasten. Schon im Mai hatte Otto zudem eine Kooperation mit Covariant angekündigt, einem kalifornischen Pionier für Roboterarme, die durch Künstliche Intelligenz gesteuert werden. Mittelfristig sollen 120 der Roboter für eine Vielzahl von Tätigkeiten eingesetzt werden, die bisher noch eine Hand-Augen-Koordination erforderten. Noch im Herbst startet Otto mit den ersten acht Robotern an Standorten in Bayern und Sachsen-Anhalt.
Die neuen Maschinen werden zunächst beim Verpacken eingesetzt. Dafür greifen die Roboterarme aus Wannen die passenden Produkte für eine Bestellung und legen diese auf ein Fließband, welches die Produkte in eine Verpackungsmaschine befördert. „Solche repetitiven Tätigkeiten konnten selbst an hochautomatisierten Standorten früher nur Menschen ausüben“, sagt Kay Schiebur, der als Service-Vorstand der Otto Group für die Implementierung der Maschinen verantwortlich ist. Er verweist auf die nötige Hand-Augen-Koordination und die Fähigkeit, unterschiedliche Produkte greifen zu können. Das soll aber erst der Anfang sein. „Die Kombination aus Robotik und Künstlicher Intelligenz hat in Kombination mit menschlichen Fähigkeiten einen disruptiven Charakter für die Logistik“, sagt er. Insgesamt kann sich die Otto Group mehr als 300 Anwendungsfälle für Roboter in ihrer Logistik vorstellen.
„Wir stehen noch ganz am Anfang“
Diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind überhaupt nur deshalb möglich, weil sich die technische Entwicklung, angetrieben durch die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, in den vergangenen Jahren enorm beschleunigt hat, sagt Andrei Danescu. Danescu ist der Gründer des britischen Unternehmens Dexory, das autonome Roboter für die Logistik entwickelt. Seine Maschinen fahren eigenständig in Lagerhallen herum, sammeln Daten und machen damit die Erstellung eines digitalen Zwillings möglich, also eines virtuellen Ebenbilds des Warenlagers. Darin lässt sich in Echtzeit sehen, welche Regale wie voll sind; wo sich ein bestimmter Artikel gerade befindet oder wo es zu Engpässen kommt. Zu den Kunden gehört etwa der Logistikkonzern Maersk. „Die größte Herausforderung für mobile Roboter ist es, sich in dynamischen Umgebungen wie Lagerhallen sicher und effizient zu bewegen“, sagt Danescu. Stationäre Roboter, etwa in der Automobilfertigung, sind seit vielen Jahren Standard. Doch die Implementation beweglicher Roboter gestaltet sich immer noch als kompliziert – schließlich soll das Horrorszenario von Unfällen mit menschlicher Beteiligung unter allen Umständen vermieden werden. Zudem kostet das Umherfahren Energie, die Batterien und Computer in den Maschinen müssen möglichst leicht und trotzdem leistungsfähig sein. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt Danescu deshalb. Doch gerade die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz würden einen „enormen Entwicklungsschub“ geben.
Diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind überhaupt nur deshalb möglich, weil sich die technische Entwicklung, angetrieben durch die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, in den vergangenen Jahren enorm beschleunigt hat, sagt Andrei Danescu. Danescu ist der Gründer des britischen Unternehmens Dexory, das autonome Roboter für die Logistik entwickelt. Seine Maschinen fahren eigenständig in Lagerhallen herum, sammeln Daten und machen damit die Erstellung eines digitalen Zwillings möglich, also eines virtuellen Ebenbilds des Warenlagers. Darin lässt sich in Echtzeit sehen, welche Regale wie voll sind; wo sich ein bestimmter Artikel gerade befindet oder wo es zu Engpässen kommt. Zu den Kunden gehört etwa der Logistikkonzern Maersk. „Die größte Herausforderung für mobile Roboter ist es, sich in dynamischen Umgebungen wie Lagerhallen sicher und effizient zu bewegen“, sagt Danescu. Stationäre Roboter, etwa in der Automobilfertigung, sind seit vielen Jahren Standard. Doch die Implementation beweglicher Roboter gestaltet sich immer noch als kompliziert – schließlich soll das Horrorszenario von Unfällen mit menschlicher Beteiligung unter allen Umständen vermieden werden. Zudem kostet das Umherfahren Energie, die Batterien und Computer in den Maschinen müssen möglichst leicht und trotzdem leistungsfähig sein. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt Danescu deshalb. Doch gerade die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz würden einen „enormen Entwicklungsschub“ geben.
Diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind überhaupt nur deshalb möglich, weil sich die technische Entwicklung, angetrieben durch die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, in den vergangenen Jahren enorm beschleunigt hat, sagt Andrei Danescu. Danescu ist der Gründer des britischen Unternehmens Dexory, das autonome Roboter für die Logistik entwickelt. Seine Maschinen fahren eigenständig in Lagerhallen herum, sammeln Daten und machen damit die Erstellung eines digitalen Zwillings möglich, also eines virtuellen Ebenbilds des Warenlagers. Darin lässt sich in Echtzeit sehen, welche Regale wie voll sind; wo sich ein bestimmter Artikel gerade befindet oder wo es zu Engpässen kommt. Zu den Kunden gehört etwa der Logistikkonzern Maersk. „Die größte Herausforderung für mobile Roboter ist es, sich in dynamischen Umgebungen wie Lagerhallen sicher und effizient zu bewegen“, sagt Danescu. Stationäre Roboter, etwa in der Automobilfertigung, sind seit vielen Jahren Standard. Doch die Implementation beweglicher Roboter gestaltet sich immer noch als kompliziert – schließlich soll das Horrorszenario von Unfällen mit menschlicher Beteiligung unter allen Umständen vermieden werden. Zudem kostet das Umherfahren Energie, die Batterien und Computer in den Maschinen müssen möglichst leicht und trotzdem leistungsfähig sein. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt Danescu deshalb. Doch gerade die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz würden einen „enormen Entwicklungsschub“ geben.
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